FRAUEN IM 20. JAHRHUNDERT

notiert Oktober 2020


Für die Mädchen, die in den Dreissigerjahren geboren wurden, galt es vor allem, brav zu sein..


«MIR HEI NO GFOUGET!»


ERWARTUNGEN


Mädchen waren viel im und ums Haus, sie gingen der Mutter zur Hand und lernten schon früh die Arbeiten im Haushalt kennen, weil das zum Mädchensein gehörte.


«Wir wuschen und trockneten das Geschirr, jäteten im Garten und hüteten die Kinder der grossen Schwester.»


«Wir halfen auch beim Rüsten und Kochen. Später im Haushaltlehrjahr meinte meine Madame, ich könne schon kochen, ihre französischen Anweisungen verstand ich anfangs nicht. Da war ich froh, dass ich daheim schon viel gelernt hatte. Jedenfalls musste ich immer Rösti machen, wenn Besuch kam.»


«Bei acht Kindern gab es Berge von Geschirr, unsere Mutter hätte das nicht allein bewältigen können. Sie hatte auch sonst genug zu tun.»


«Ich schaute immer zu meinem kleinen Bruder. Sprang von der Schule heim und wechselte ihm die Windeln. Meine Mutter sagte, sie wisse gar nicht, wie er gross geworden sei. Mir machte das Freude. Er sagte mir später, er hätte lange gemeint, ich sei seine Mutter.»


«Beim Abwaschen sangen wir, manchmal zwei- oder dreistimmig. Zum Beispiel Lumpeliedli wie ‘Der Tüfu isch gstorbe, d Grossmuetter läbt no’ oder andere wie ‘Ds Burebüebli’ oder ‘Es zog ein Regiment vom Unterland her’. Das war schön.»


«Wir halfen auch auf dem Feld. Das Gras vor und nach der Schule wenden und zusammen rechen und am Abend eintun, das musste alles an einem Tag passieren.»

«Wir waren ‘schüch’, hatten vor allen und allem Respekt. Wir durften nicht weg vom Haus, aber da gabs genug Platz zum Spielen, im Schöpfli und draussen. Wir spielten Verstecklis, tobten ums Haus. Mutter liess uns machen, weil sie wusste, dass wir nicht weggehen würden.»


Schon früh lernten Mädchen stricken. Gestrickte Socken, Strümpfe und Pullover gehörten zur Selbstversorgung und sparten Geld. Man kannte nichts anderes.


«Ich lernte das Stricken von meinem Grossmueti, es starb, als ich fünf Jahre alt war. Also habe ich schon als ganz kleines Kind stricken können. Heute, fast 90 Jahre später, stricke ich immer noch fürs Leben gern!»


«Ich habe das Stricken erst in der Schule gelernt und habe es nicht gerne gemacht. Socken gingen noch, aber die langen wollenen Strümpfe, die hörten ja nie auf!»


«Wir waren dankbar dafür, dass es uns gut ging, auch wenn wir mit anpacken mussten. Das waren wir gewohnt, es war normal.»


Buben wurden im Haushalt nicht angeleitet. Sie halfen dem Vater und waren mit «Bubensachen» beschäftigt.


«Mein Bruder machte uns Pfeile und Bogen und schnitzte wunderschöne Tiere.»


Mädchen hatten Kochunterricht in der Schule, Buben nicht.


«Die Buben kamen manchmal glusten, wenn wir kochten.»


Fast alle Mädchen absolvierten nach der Schule ein Haushaltlehrjahr, gingen «ids Wäutsche». Das war einfach so und wurde nicht hinterfragt, die Mädchen dachten, das Haushaltlehrjahr sei obligatorisch.
Sie wurden oft als billige Arbeitskräfte ausgenutzt. Aber arbeiten war man sich gewohnt. Die Erwartung war, dass ein Mädchen heiraten und Kinder bekommen und dann zu Hause bleiben würde.
Nur wenigen Lehrpersonen oder Eltern kam es in den Sinn, den jungen Frauen einen anderen Weg aufzuzeigen.


DIE AUSSTEUER


Als Vorbereitung auf die Ehe sparten sich die Mädchen ihre Aussteuer zusammen und bekamen auch Teile davon geschenkt: Meist zwölf Ober- und Unterleintücher, dazu Kissen- und Deckenanzüge, auch Wolldecken und Küchentücher. Barchentleintücher waren oft dabei für die kalten Nächte in den ungeheizten Schlafzimmern. Die Oberleintücher wurden bestickt. In stundenlanger Feinarbeit zogen die Mädchen Fäden in die Borten ein und stickten darauf das Monogramm ihres ledigen Namens und dazu allerlei Muster, meistens mit hellblauem Faden. Das Gestickte wirkte durch die darunter liegenden Fäden plastisch. Sie arbeiteten auch kunstvolle Ränder mit Hohlsaum.


«Oft sass bei uns am Abend die ganze Familie um den Tisch zusammen und die Mädchen arbeiteten an der Aussteuer. Wir waren stolz darauf, etwas Schönes für unsere Zukunft zu machen. Auch die Küchentücher haben wir bestickt. Die Aussteuer wurde bis zur Heirat in einer schönen Kiste auf dem Estrich verstaut. Ich schaute mir dort gerne meine Sachen an und freute mich daran. Es war die Arbeit vieler Jahre.»


«Ich liess meine Aussteuer maschinell besticken. Das wurde auch schön.»


«Ich bestellte meine Aussteuer bei einem Händler, der zu uns kam. Meine Mutter schaute sich die Bestellung an und meinte, das sei nichts, ich müsse für die Leintücher Halbleinen bestellen und nicht nur Baumwolle. Bestickt wurde alles maschinell, immer zwei Leintücher mit den gleichen Motiven, immer hellblau. Ich hatte auch ein Paradekissen und einen wunderschönen Bettüberwurf.»


EINEN BERUF LERNEN ODER EINFACH ARBIETEN


In den Dreissiger- und Vierzigerjahren absolvierten Mädchen eher selten eine Berufslehre. Väter wollten oft nicht, dass ihre Tochter einen Beruf lernte, das lohne sich nicht. «Die bruche das doch nid!»


Viele gingen nach einem oder zwei Haushaltlehrjahren arbeiten, um die Zeit bis zur Heirat zu überbrücken und den Eltern nicht mehr zur Last zu fallen. Sie arbeiteten im Service oder in den Fabriken, in Biel vor allem in den Uhrenfabriken, in der Omega, der Mido, der Rolex, der Longines, der Alpina oder in den kleineren Ateliers wie Metallic, Merusa, Progressia (Nidau), Fivaz, Fulton Watch. Da fanden Mädchen immer Arbeit. Sie führten eintönige mechanische Tätigkeiten aus.


Anders bei den Buben. Von ihnen erwarteten die Eltern, dass sie eine Berufslehre machten, denn sie sollten später eine Familie ernähren können. Allerdings gab es auch viele arme und oft kinderreiche Familien, die die Buben einfach zur Arbeit schickten. In die Uhrenfabriken Biels, den Drahtzug, andere Firmen und in viele kleine Handwerksbetriebe.


LEBENSLÄUFE


«Ich machte das Haushaltlehrjahr und arbeitete danach in Haushalten im Tessin und dann im Service in Lengnau und Meinisberg. Mit meinem Mann bewirtschaftete ich einen kleinen Bauernhof in Brügg. Wir hatten acht Kühe, zuerst auch noch zwei Pferde und mussten Land dazu pachten. Das Geld war knapp, deshalb arbeitete mein Mann auswärts, ich betreute unsere beiden Kinder und nahm verschiedene Heimarbeiten an und backte regelmässig Brot im Holzbackofen zum Verkaufen. In einem grossen Zuber knetete ich den Teig für 12, 13 Brote, das brauchte viel Kraft. Im Winter war es angenehm, weil dadurch grad gut geheizt war, im Sommer wurde es heiss. Meine Brote waren beliebt.»


«Ich habe nach dem Haushaltlehrjahr im Verkauf gearbeitet und wurde später Hausfrau und Mutter zweier Kinder. Als sie grösser waren, arbeitete ich wieder stundenweise im Verkauf bei Meyer Söhne in Biel und später im Carrefour. Es war Hochkonjunktur und eine Stelle zu finden war kein Problem.»


«Ich wollte immer Verkäuferin werden und fragte, begleitet von meiner Mutter, im Konsum in Brügg, wo wir mit sechs Kindern gute Kunden waren, nach einer Stelle. Das galt etwas, dass wir dort immer einkauften. Sie würden mich nehmen, wenn ich ein Jahr lang ins Welsche ginge, sagten sie. Also machte ich mein Welschlandjahr und anschliessend die Lehre im Konsum. Meinem Vater war es wichtig, dass seine Kinder alle etwas lernten. Eine Schwester machte eine Bürolehre, eine andere wurde Krankenschwester. Dem Verkauf bin ich treu geblieben und wurde später während 20 Jahren Filialleiterin in Studen und in Brügg und bildete Lehrlinge aus. Das machte ich sehr gern!  Ich erklärte ihnen viel und nahm sie ernst, liess sie nicht einfach putzen, wie das damals oft der Brauch war. Sie dankten es mir mit ihrer Anhänglichkeit, sie kamen mich später besuchen und stellten mir ihre Kinder vor. Als mein Mann mit 62 starb, führte ich im Sommer den Kiosk auf dem Monte Generoso und lernte in den Wintern Italienisch und Englisch, um meine Kunden aus aller Welt gut bedienen zu können.»

«Ich war ein Bauernkind, machte kein Haushaltlehrjahr, sondern eine Bürolehre und arbeitete anschliessend in der Omega und später in anderen Fabriken.»


«Zu Hause hatten wir einen Bauernhof. Nach der Schule arbeitete ich auf dem Hof meiner Tante, dann heiratete ich und hatte zwei Kinder. Zuerst bauerten auch mein Mann und ich, später arbeitete er auf der Post und ich schaute zu den Kindern und zu Haus und Garten.»


«Nach dem Welschlandjahr in Vevey arbeitete ich in der Metallic, einer kleinen Uhrenfabrik an der Spitalstrasse in Biel. Da verdiente ich zu wenig und ging dann zur Uhrenfedernfabrik Fivaz. Sie bezahlten 2 Franken 20 Rp die Stunde, ich kam mir vor wie im siebten Himmel! Später übernahmen mein Mann und ich einen Spezereiladen in Leubringen, darüber lag unsere Wohnung. Ich war Hausfrau, Mutter von vier Kindern und arbeitete im Laden mit. Das gab viel zu tun.»


«Ich hätte gern mit Blumen gearbeitet oder in der Landwirtschaft. Aber meine Mutter meinte, das sei nichts. Ich musste Schneiderin lernen, das war schlimm für mich, Mode interessierte mich nicht. Allerdings gefielen mir die farbigen Stoffe und die Mercerie. Ich hatte eine liebe Lehrmeisterin, sie verstand mich und lobte mich, weil ich immer den passenden Faden zum Stoff aussuchte. Nach der Lehre fand ich eine Stelle im Nähzimmer eines grossen Kinderheims. Wurde jemand krank, half ich bei den Kindern aus und konnte dann ganz in die Betreuung wechseln. Das gefiel mir und ich lernte viel. Nach vier Jahren wechselte ich in eine Beobachtungsstation für Kinder. Es war hart, die Kinder nach der Abklärung wieder gehen zu lassen. Als ich heiratete, half ich noch im Frauenverein aus, blieb aber sonst zu Hause mit unseren Kindern und einem grossen Garten.»


«Eigentlich wollte ich Balletttänzerin werden, aber das war ein Traum. Ich machte mein Haushaltlehrjahr in einem Kolonialwarenladen, das gefiel mir gut und ich konnte gut mit der Kundschaft umgehen. Anschliessend ging ich nach Genf-Carouge in eine dänische Diplomatenfamilie. Kurz nach dem Krieg fuhr ich mit ihnen mit dem Dampfzug nach Dänemark, eine lange Reise durch das verwüstete Deutschland. Zurück in der Schweiz arbeitete ich auf dem Bürgenstock in einem Hotel und war dann in vielen verschiedenen guten Häusern tätig und lernte das Hotellerie-Handwerk von Grund auf, ohne eine offizielle Ausbildung zu machen. Mit meinem Mann zusammen führte ich die verschiedensten Hotels in der ganzen Schweiz und zog unsere Tochter auf. Als sich mein Mann aus dem Hotelgewerbe zurückzog, arbeitete ich bis zur Pensionierung 12 Jahre lang als aide du patron in der Kronenhalle in Zürich. Da verkehrten reiche, berühmte und meistens nette Gäste. Auch arme Künstler, die nicht bezahlen konnten, bekamen ein rechtes Essen. Manche gaben dafür eines ihrer Werke. Millionenteure Bilder hängen heute noch an den Wänden der Kronenhalle. Die Arbeit war streng, aber ich hatte immer Freude daran.»


«Ich arbeitete nach der Schule in der Uhrenindustrie in Süddeutschland und bediente verschiedene Maschinen, bis ich mich auf Leuchtfarben spezialisierte, die ich auf die Zifferblätter zuerst von Hand aufmalte und später mit Siebdruck auftrug. Ich musste die Ziffern fotografieren, dann ein Cliché anfertigen und damit auf Metall und bei gebogenen Zifferblättern auf Plastik drucken. Da das verwendete Radium giftig ist, mussten wir uns jährlich untersuchen lassen. 35 Jahre lang übte ich diesen Beruf aus. Ich hatte drei Kinder, die am Tag von den Schwiegereltern betreut wurden.»


ANSTÄNDIG SEIN


Die jungen Mädchen wurden kaum aufgeklärt und mussten sich ihr Wissen bei den älteren Geschwistern oder in der Schule zusammensuchen. Das Wichtigste war, anständig zu sein.
Es hiess: «Es aständigs Meitli macht das und das nid.» Buben waren viel freier. Die Familien hatten riesige Angst davor, dass ein Mädchen schwanger würde ohne verheiratet zu sein. Das war einfach undenkbar, eine Riesenschande.


«Als meine grosse verheiratete Schwester immer dicker wurde, sagte man mir, dass sie ein Kind bekomme. Als ich fragte, wo denn das Kind herauskomme, hiess es, ‘dort wo es hineingekommen ist’. Da wusste ich genau so viel wie vorher.»


«’So muesch mir de nid heicho’, sagte meine Mutter vor dem Haushaltlehrjahr, erklärte mir aber nicht, was sie eigentlich meinte.»


«Schwanger zu werden, war meine grosse Angst damals. Hatte ich einen Freund, wollte ich ihm deshalb nicht zu nahe kommen. Ich hatte keine Ahnung, wie man eine Schwangerschaft verhüten konnte.»


«Meine Mutter hatte meiner grossen Schwester ein Aufklärungsbuch gegeben, darin blätterte ich manchmal schnell, wenn es niemand sah. Als meine Mutter mir später sagte, ich solle es lesen, antwortete ich schnippisch, das wüsste ich alles schon.»


«In St Gallen hatten wir in der achten Klasse Aufklärungsunterricht. Das war damals ganz neu in der Schweiz.»


DEN MANN KENNENLERNEN


Es war ganz klar, dass der Mann sich der Frau näherte und nicht umgekehrt. Hätte ein Mädchen zuerst einen Burschen um ein Rendezvous gebeten, hätte es als billig gegolten.


«Meine Eltern liessen die Eingangstreppe neu machen. Einer der Handwerker gefiel mir. Ich ging öfter als nötig die Blumen giessen auf der Terrasse. Am Abend wurde er zu Käse, Brot und schwarzem Kaffee eingeladen und ich durfte auch dabei sein. Später schrieb er mir ein Briefli in die Ferien, ob er mich besuchen dürfe. Ich schrieb ihm zurück, dass er gerne kommen könne. Wenn wir zusammen spazierten oder Velotouren machten, musste immer meine kleine Schwester mitkommen.»


«Bis die Briefe hin und her gegangen waren, musste man warten und jeden Tag in den Briefkasten schauen. Schön waren die Feldpostbriefe während der Mobilmachung.»


«Er war Briefträger, deshalb kannte ich ihn. Beim Tanzabend im Dorf kamen wir uns näher.»


«Ich hätte gern geheiratet und Kinder gehabt. In der Sie+Er wollte ich ein Inserat aufgeben und las zuerst diejenigen, die darinstanden. Eines gefiel mir und ich nahm Kontakt auf. Wir trafen uns, gingen spazieren und er wollte danach noch einkehren und ein Bier trinken. Da hatte ich Angst, dass er ein Trinker sei. Die Probleme mit Trinkern kannte ich von meiner Arbeit. Aber es blieb bei einem Bier und wir hatten es viele Jahre gut zusammen.»


«Meinen Mann habe ich beim Dorftheater kennen gelernt.»


«Ich kam aus St. Gallen und war im Ferienheim Prêles angestellt. Da kam immer ein Bursche vorbei und pfiff wie ein Kuckuck, ‘guggu’, immer wieder. Die anderen Mädchen sagten, ‘der Gugger isch wider do’. Ich hatte ein bisschen Angst, mit einem ‘Giel’ zu gehen, liess mich aber schliesslich erweichen und schaute zum Fenster hinaus. Er fragte mit seinem welsch gefärbten Deutsch, ‘chunnsch cho spaziere’. Da konnte ich nicht nein sagen, so charmant wie er war. Als ich nach dieser Zeit in Prêles wieder daheim war, schrieb er mir schöne Briefe, extra auf Deutsch. Er wusste, dass ich ihn wegen der Fehler nicht auslachen würde. Später zügelten wie beide nach Biel. Ich hatte ihn sehr gern.»

«Mein Bruder war in einer Clique, die war immer zusammen. Und einer davon wurde mein Mann, ich fand, er sei der brävste von allen, der seriöseste.»


«Ich arbeitete in einem Restaurant und mein Mann kam dort mit seinem Vater essen. Ich musste vor ihren Augen flambieren, das hat ihn wohl beeindruckt. Er hat sich sehr für mich interessiert, aber ich wollte nicht, schickte ihn immer wieder weg. Aber er blieb hartnäckig und so sind wir jetzt schon ein Leben lang zusammen.»


«Ich habe meinen Mann beim allwöchentlichen Singen im Dorf kennen gelernt.»


«Ich brachte mein Auto in die Garage, in welcher mein zukünftiger Mann arbeitete. Ich wollte mich noch nicht binden, aber er war sich seiner Sache sicher und setzte alles daran, mich zu gewinnen.»


ROLLENVERTEILUNG


Es kam selten vor, dass ein junger Vater dem Baby die Windeln wechselte oder mit ihm spielte. Das war Frauensache und passte nicht zum damaligen Mann. Die Frauen hätten schon Hilfe gebrauchen können. Die Haushaltarbeit ohne Waschmaschine und andere Geräte war hart. Jeden Morgen stand ein Kübel mit schmutzigen Windeln da, die von Hand gewaschen werden mussten. Auch Frauen, die ausser Haus arbeiteten, waren für Haushalt und Kinder voll verantwortlich.


«Frauen konnten besser verzichten als Männer. Das Wichtigste war, dass es den Kindern gut ging und der Haushalt in Ordnung war.»


«Wenn etwas nicht rund lief, gaben Männer oft den Frauen die Schuld daran.»


«Mein Mann und ich arbeiteten beide in unseren Berufen. Aber den Haushalt machte ich abends alleine. Erst als mein Mann nicht mehr arbeiten konnte, half er mit. Er saugte Staub, machte Suppe oder Salat. Das war fast die schönste Zeit.»


«Wir waren Bauern. Da arbeiten Frau und Mann immer zusammen.»


«Mein Mann schaute schon mal zur Kleinen. Er las Zeitung, sie spielte am Boden mit den Zeitungsblättern, die er schon gelesen hatte. Aber wirklich mit ihr beschäftigt hat er sich nicht.» 

«Es kam vor, dass mein Mann Windeln wechselte. Als die Kinder grösser waren, spielte er gern Fussball mit ihnen.»


«Mein Mann ging mit den Mädchen spazieren, er war stolz auf seine Kinder, er spielte mit ihnen und hütete sie, wenn ich arbeitete. Er konnte auch kochen, wenn ich die Sachen vorher richtete.»


«Als Fertiggerichte in der Migros angeboten wurden, erleichterte das meine Arbeit.»


FRAUENSTIMMRECHT


Erst 1971 erhielten 20-jährige Schweizer Frauen das allgemeine Stimm- und Wahlrecht, spät im europäischen Vergleich. In Deutschland geschah das 1918, in Frankreich 1944 und in Italien 1946!


«Mit dem Frauenstimmrecht erhielten wir nicht schlagartig mehr Rechte, aber es war doch ein Fortschritt.»


«Mein Vater war gegen das Frauenstimmrecht.»


«Die Politik war halt immer Männersache gewesen.»


«Mir war das damals nicht so wichtig. Ich hatte auch nicht Zeit, mich eingehend mit den Abstimmungen und Wahlen zu beschäftigen, weil ich viel arbeitete. Meine Schwiegermutter setzte sich aber für das Frauenstimmrecht ein.»


«Meine Eltern besprachen die Vorlagen immer gemeinsam, meistens überzeugte mein Mueti den Vater und er stimmte so, wie es vorgeschlagen hatte. Das war auch ein bisschen Frauenstimmrecht.»


«In der Schule haben wir nie über Politik gesprochen.»


«Eigentlich war das kein grosses Thema damals. Es gab zwar diese Frauenrechtlerinnen, aber die schauten wir ein bisschen schräg an.»


«Die Frauenrechtlerinnen wollten sich auf das gleiche Niveau wie die Männer stellen, in den Vordergrund. Einerseits fand ich das gut, andererseits fragte ich mich, ob das überhaupt möglich sei.»


«Ich fand Emilie Lieberherr gut. Die setzte sich wirklich für die Frauen ein.»


«Es hat sich nicht viel verändert 1971, aber es war eine gewisse Genugtuung, dass wir Frauen jetzt auch mitreden durften.»


«Ich habe mit meinem Mann über die Vorlagen gesprochen und habe mich dann selber für oder gegen etwas entschieden.»


«Mich hat das Wählen und Stimmen nicht so interessiert, weil ich nicht drauskam. Wenn man es nicht versteht, lässt man es lieber sein.»


«Ich habe mich interessiert und ging auch an die Urne.»


«Am Anfang habe ich kaum teilgenommen, erst später ist mein Interesse erwacht. Heute informiere ich mich am TV und beteilige ich mich brieflich an Abstimmungen und Wahlen.»


«Eigentlich sind die Frauen das starke Geschlecht. Sie schauen zum Geld und halten alles zusammen.»