UNTERWEGS SEIN MIT DEM VELO UND ZU FUSS

notiert Oktober 2019


Das meist gebrauchte Transportmittel der Dreissiger- und Vierzigerjahre war das Velo. 


«Man ging zu Fuss oder nahm das Velo, auch wenn das lange dauerte und anstrengend war.                               Das war ganz normal und man dachte sich nichts dabei. Das machten alle so.»

 


VELOALLTAG


Mobil war man kaum in den Dreissigerjahren. Man blieb daheim. Den Arbeitsweg legte man meist mit dem Velo zurück.


«Wenn die Männer am Morgen auf dem Weg zur Arbeit waren, gab es auf der Brüggstrasse eine Veloschlange. Am Abend dasselbe in der umgekehrten Richtung. Sie fuhren meist zu zweit nebeneinander, zu dritt durfte man nicht. Bei den Fabriken standen lange, gedeckte Ständer für die Velos der Arbeiter.»


«Ich habe unserem Vater jeden Tag mit dem Velo das Zmittag in seine Werkstatt gebracht. Meine Mutter füllte drei aufeinanderliegende Blechbehälter mit dem Essen, ich fuhr zum Vater, sobald ich von der Schule daheim war, dann zurück, ass selber und ging anschliessend wieder zur Schule.»


«Als Jugendliche brachte ich die Schürzen, die meine Mutter in Heimarbeit genäht hatte, von Brügg mit dem Velo zu Jordi-Kocher am Zentralplatz in Biel.»


«Die Kommissionen hängte ich in einer Tasche an den Lenker, bis das verboten wurde. Nachher musste man die Sachen auf den Gepäckträger klemmen.»


«Mit dem Veloanhänger transportierte man grössere Waren, zum Beispiel einen Sack Kartoffeln vom Pflanzblätz oder auch die Kinder.»

«Ich wohnte in Biel am See und ging ins Neumarktschulhaus. Jeden Tag fuhr ich mit dem Velo zur Schule, meine Schwester sass immer auf dem Gepäckträger.»


«Nach der Schule rasten wir Schulkinder mit dem Velo den Hügel beim Schulhaus hinunter. Unten stand jeweils ein Polizist und rief: schellen (läuten), bremsen! So versuchte er, den ungeordneten Haufen zu disziplinieren.»


«Ich hatte den linken Arm im Gips. Der Arzt verbot mir das Velofahren. Ich sagte: ja, ja, und dachte dabei an meinen langen Schulweg. Er doppelte nach: aber sicher, gell! Ich fuhr natürlich trotzdem. Legte den Gipsarm auf den Lenker und stieg irgendwie auf. Es war Winter und hatte viel Schnee auf der Strasse. Ich fuhr in der Spur der wenigen Autos ganz in der Mitte. Da kam mir ein Auto entgegen, in der gleichen Spur. Der Arzt, so ein Pech! Er stieg aus und schimpfte fürchterlich. Ich wartete, bis er weg war und stieg wieder auf.»


«Meine Schwester und ich machten am Sonntag zusammen Velotouren. Wir fuhren immer ein bisschen weiter. Um den Jäissberg, um den Bielersee, bis Murten, eigentlich überallhin im Seeland. Für unterwegs packten wir ein Stück Brot und einen Apfel ein. Wasser gabs an den Brunnen. Manchmal nahmen wir beim Hinunterfahren die Füsse von den Pedalen und schwenkten sie vor und zurück, das gab noch mehr Antrieb. Wir juchzten und hatten das Gefühl, wir hätten Flügel.»


«Am Sonntag fuhr ich mit anderen Jugendlichen immer von Büren an der Aare nach Grenchen in die Messe. Das genossen wir, wir schwatzten und lachten und erzählten uns Dinge, die nicht für Erwachsenenohren bestimmt waren. Im Winter gingen wir zu Fuss.»


«Ich fuhr einmal von Hondrich bei Spiez nach Mett. In Brügg war ich so erschöpft, dass ich fast nicht mehr konnte.»


«Von meinem ersten Lohn als Régleuse kaufte ich mir ein schwarzes Bianchi-Velo. Es kostete 500 Franken. Das habe ich ein Leben lang gebraucht, immer mit Freude. Bei meiner letzten Fahrt fuhr ich aber plötzlich übers Aarebord bis grad ans Wasser. Da wusste ich, dass es Zeit war aufzuhören.»


«Als Verkäuferin musste ich jeden Morgen um 6 Uhr den Konsum in Studen öffnen. Von Brügg aus war das mit dem Velo nicht weit. Aber im Winter war um diese Zeit oft noch nicht treibet (Schnee geräumt). Deshalb trug ich das Velo über die Schneehaufen hinweg. Es war finster, ich hatte schon damals schlechte Augen und sah fast nichts. Aber irgendwie war das normal. Solche Sachen machte man einfach. Und einen Bus gab es um diese Zeit nur nach Biel hinein.»

«Meine Eltern fuhren mit dem Velo von Meinisberg nach Büren zur Arbeit. Im Winter konnte es vorkommen, dass sich hohe Schneewächten auftürmten, weil der Schnee auf dieser offenen Strecke von der Bise und vom Luft aufeinander getrieben wurde. Mit dem Velo war kein Durchkommen mehr. Manchmal führte deshalb ein Bauer mit seinem Pferdeschlitten meine Eltern zur Arbeit.»


«Am schönsten war es, mit Anlauf durch eine Glungge (Pfütze) zu fahren: Füsse nach vorn und durch!»


Was man so oft braucht, bleibt in der Erinnerung. Wie sah das Velo aus?


«Blau mit rotgelbem Netzli… ein grünes Cosmos… ein schwarzer Engländer… grün mit rotem Netzli… ein altes dunkelrotes zum Lernen.»

 


DRAUFLOS UND FAHREN


Niemand hatte Zeit, den Kindern das Velofahren richtig beizubringen. Die machten sich nichts daraus und lernten es selber, einfach so.


«Eifach drufhocke und fahre! Meine Mutter hat kurz gezeigt, wie das geht und das Velo zuerst ein bisschen gehalten, aber dann musste ich selber schauen.»


«Wir fielen halt immer wieder um. Jedenfalls gehörten offene Knie dazu!»


«Wir stellten einen Fuss auf ein Mäuerchen oder hielten uns an Gartenzäunen fest zum Lernen.»


«Ich hatte Mühe mit dem Aufsteigen. Deshalb ging ich am Sonntagmorgen ganz früh los zum Üben. Ich fuhr im Stehen, das Velo war zu gross zum Sitzen. Ich fuhr schnell, weil es so einfacher ist, im Gleichgewicht zu bleiben und weit, weil ich Angst hatte vor dem Absteigen. Schliesslich musste ich doch wieder heim. Schnell stellte ich die Füsse auf den Boden. Es klappte. Zufrieden fuhr ich zurück. Ich konnte es!»



FAMILIENVELOS


Die ersten Velos in der Familie waren meist schwere Herrenvelos mit Rücktritt und ohne Gangschaltung. Für die Kinder waren diese Räder zu gross, die Stange war zu weit oben. Das hinderte sie nicht am Fahren. Sie schoben das rechte Bein unter der Stange durch und fuhren quer balancierend eine Runde. Nach vorne sehen konnte man dabei kaum. Das machten aber alle so und es ging ganz gut. Auch die Mädchen beherrschten diese Kunst, obschon der Rock dabei im Weg war.


«Ich war froh, als ich ein Velo ohne Rücktritt hatte: man konnte lässig darauf rückwärts spulen, ohne dass es bremste. Das sah elegant aus, ein schönes Gefühl, leicht, beschwingt. Ohne Anstrengung konnte man damit vor den Buben angeben!»


«Mein Bruder und ich hatten Kindervelos von Cosmos. Das hatte man als Bieler.»


«Mein Onkel schenkte mir ein schwarzes Kindervelo, ich habe keine Ahnung, wieso er das machte. Es war DIE Sensation! Es sah aus wie ein ganz normales Erwachsenenvelo, nur kleiner. Kein Kind in Dotzigen hatte ein Kindervelo. Aber alle wollten darauf fahren. Ich ging noch nicht zur Schule und liess nacheinander alle Schulkinder auf meinem Velöli fahren. Ich trug derweilen mit Stolz den Schulsack des Fahrenden. Auch wenn ich im Konsum etwas holen musste, liehen sich die Kinder mein Velo aus. Ich kam oft viel zu spät heim. Wie oft wurde ich deswegen geschlagen!»


«Einmal fuhr ich mit meinem kleinen Kindervelo von Meinisberg nach Biel, dann um den See und wieder nach Meinisberg. Das war nichts Besonderes, wir waren robust.»


«Einmal ärgerten mich meine Onkel, als ich bei meiner Grossmutter war, der Barrierenwärterin zwischen Büren und Dotzigen. Ich nahm mein Velo aus dem Barrierenhäuschen und haute ab, über Büren nach Meinisberg. Ich nahm den Weg, den ich kannte und fuhr auch auf der Hauptstrasse. Meine Mutter schickte den Onkel, um mich zu suchen. Ich war damals etwa fünf Jahre alt.»



AUSRÜSTUNG


Bunt waren sie, die Velonetzli und verhinderten, dass sich die langen Röcke in den Speichen verfingen.


«Die Netzli waren aus Gummifäden und hatten aussen kleine s-förmige Haken, die man an den Löchern des Schutzblechs einzeln einhängen musste. Das war eine Nifli-Arbeit. Man musste aufpassen, dass man die Fäden schön der Reihe nach erwischte. Unten war ein grösserer Haken, den man in der Nabe einhängte.»


«Mit der Zeit fingen die Fäden an zu lodelen, sie leierten aus. Dann musste man sie ersetzen, weil sonst die Gefahr bestand, dass sie sich in den Speichen verwickelten. Auch das Aushängen brauchte Geduld. Ein neues Netzli machte Freude, weil es so schön farbig war.»


Männer fixierten ihre weiten Hosenbeine mit Veloklammern. Ihre Velos hatten keine Löcher in den Schutzblechen.


In den Dreissigerjahren waren Karbidlampen am Velo gängig. Sie hatten zwei Metallbehälter übereinander. Oben füllte man Wasser hinein, unten Karbid. Öffnete man die Wasserschraube oben, tröpfelte Wasser aufs Karbid und ein Gas entstand. Dieses zündete man an. Es gab eine helle Flamme in der Mitte der Lampe.


«Wenn mein Vater Karbid einfüllte, stank es ganz grusig, das hassten wir. Er zündete die Lampe dann mit dem Schweissgerät an.»


Die umständlichen Karbidlampen wurden durch Dynamolampen ersetzt.


«Im Krieg kauften wir im Lädeli blaue Birnen und schraubten sie in die Velolampe. Das war Vorschrift. Sie gaben kein Licht, man sah überhaupt nichts damit, aber wurde einigermassen von anderen gesehen. Man war nachts sowieso nur unterwegs, wenn es unbedingt nötig war.»


«Hatte man kein Licht am Velo, kostete das auf der Stelle 5 Franken. Das war sehr viel Geld.»



REPARIEREN


Die Strassen waren zum grössten Teil nicht geteert und auch sonst nicht so gepflegt wie heute. Steine, Nägel und allerlei Spitzes lauerten auf die Velopneus. Man schaute beim Fahren am besten gut auf die Strasse.
Eine kleine lederne Tasche hinter dem Sattel beim Damenvelo oder an der Stange beim Herrenvelo gehörten zur Ausrüstung. Sie enthielt das nötigste Flickzeug im Falle eines platten Reifens.


«Wenn wir ausfuhren, flickten immer meine Brüder mein Velo.»


«Ich flickte mein Velo selber, weil alle arbeiteten und niemand Zeit dafür hatte. Schwierig fand ich das Herausnehmen des Schlauchs, weil er beim Ventil mit einer Metallverstärkung versehen war und sich nicht gut löste.»


«Jeden Samstag nahm meine Mutter ein Wasserbecken nach draussen, montierte die Pneus vom Velo, nahm den Schlauch heraus und legte ihn ins Wasser. Gab es Blasen, so hatte es ein Loch. Meistens nicht nur eines. Sie flickte die Löcher fachgerecht mit Klebelösung und Flicken. Hatte ein Schlauch schon viele Flickstellen, so holperte es nachher beim Fahren. Schläuche waren im Krieg rationiert (Gummi), deshalb flickte man sie sooft es nur ging.»


Auf Velodiebe musste man schon damals achtgeben.


«Einmal wurde mir mein abgeschlossenes Velo am Unteren Quai in Biel gestohlen. Und zweimal lieh ich meinem Bruder mein Velo aus. Er sagte: gell, ich nehme dein Gibeli! Heim kam er aber ohne Velo!»


ZU FUSS UNTERWEGS


«Wir wanderten am Sonntag oft von Brügg aus in den Jura. Vater legte mit Steinen einen Kreis auf den Boden, machte ein Feuer und stellte die Gamelle darauf. Mueti kochte eine Bouillon mit Trockengemüse und wärmte Würstli darin. Das war fein! Die lange Wanderung hat uns gar nicht gestört, wir fanden das ganz normal, mehrere Stunden hin und zurück unterwegs zu sein.»


«Ich musste mit meinen zwei Schwestern mit dem Veloanhänger Kartoffeln im Moos holen. Eine zog, die anderen stiessen, unser kleiner Pflegebruder sass beim Heimkommen auf dem gefüllten Kartoffelsack. Beim Bahnübergang war die Barriere offen und wir betraten das Trassee. Als wir in der Mitte zwischen den Gleisen waren, hörten wir einen Zug herannahen. Welch ein Schrecken! Sollten wir vorwärts oder zurück?
Meine Schwester stiess den Anhänger zurück und zog uns mit. Schon raste der Schnellzug vorbei, der Lokführer pfiff wie verrückt, er hatte gesehen, dass die Barriere nicht unten war. Wir blieben stehen, es passierte uns nichts. Meine Schwester hatte gewusst, dass alle Züge links fahren. Die Leute in der Nähe schrien, der arme Lokführer war sicher auch erschrocken, fast hätte er vier Kinder überfahren. Wir gingen zum Mueti und erzählten alles. Es schlotterte und sank aufs Taburettli. So knapp ging das aus.»



VERREISEN


Gereist wurde nicht viel. Billette waren teuer und Zeit hatte man ohnehin nicht. In den Schulferien mussten viele Kinder zu Hause anpacken oder sie wurden zu verwandten oder bekannten Bauernfamilien gebracht, um zu helfen. Weil die Väter im Aktivdienst waren, gab es immer Arbeit.


«Wir waren Bielhöckler und reisten wenig herum.»


«Ein rechter Ausflug war schon der Besuch des Bärengrabens und des Zytgloggeturms in Bern. Das Billet kostete fünf Franken.»


«Wir verbrachten öfters von der Kirche aus eine Woche in Bischofszell in einer Familie. Das gefiel mir immer gut, ich wurde verwöhnt.»


«Wir besuchten das Berner Oberland mit dem Zug.»


«Meine Grosseltern stammten aus Foresto Sesia in Norditalien und nahmen mich mit, wenn sie dorthin fuhren. Da war ich noch ganz klein. Das hat mir gut gefallen.»


Die längste Reise, welche die jungen Mädchen machten, war bei vielen jene zu ihrer Gastfamilie im Haushaltlehrjahr, meistens in die Romandie oder insTessin.


«Ausnahmsweise durfte ich bei der Fahrt in die Westschweiz mit einem Auto fahren, weil ein Nachbar meine Mutter und mich hinführte. Er hatte eine Molkerei und deshalb auch ein Auto.»


«Mit 20 fuhr ich mit Zug und Schiff als au pair-Mädchen via Calais nach London. Es stürmte auf dem Ärmelkanal. Mit war übel und ich musste mich mehrmals übergeben. Da gab mir eine amerikanische Frau Cognac zu trinken, ich wollte zuerst nicht, aber es ging mir nachher tatsächlich besser. Bei der anschliessenden Zugfahrt hievten meine Freundin und ich unsere Koffer auf die hoch gesetzten Ablagen und bereiteten schön unser Picknick vor. Da rutschte plötzlich mein Koffer nach vorn und fiel direkt in unsere Sandwiches und Tomaten. Ich schmiss alles zum Fenster hinaus.»


«Mit meinem Mann machte ich viele Velotouren, oft in die Westschweiz, zum Beispiel nach Genf oder in den Jura. Wir nahmen ein ganz kleines Zelt mit und einen Kocher. Darauf machten wir Teigwaren mit Spiegelei oder Suppen, ganz einfache Sachen. Manchmal war es streng mit meinem Dreigänger, immer wieder gings bergauf. Hin und wieder stiessen wir die Räder und sausten dann zur Belohnung hinunter. Ich hatte ein rotes Mondiavelo.»


«Als Erwachsene machte ich viele Reisen mit dem Marti-Car in ganz Europa. Das war immer schön. Man kannte einander schnell und hatte es gut miteinander.»


MIT DER EISENBAHN


Der Kondukteur mit der roten Tasche hob die Kelle, pfiff auf seiner Pfeife, stieg rasch ein und der Zug fuhr ab. Drinnen kontrollierte der allseits respektierte Mann (es gab keine Frauen) die kleinen Kartonbillete der Fahrgäste und knipste sie.


«Le chef de la gare!, hiess es ehrfürchtig im Welschen, wenn der Mann mit der roten Mütze vorbeiging.»


«Zum Retourbillet musste man Sorge tragen, damit man es ja nicht verlor, es war so klein!»


«Als Sechsjährige reiste ich allein mit dem Zug von Cham nach Zürich zu meiner Tante. Der Kondukteur hatte ein Auge auf mich. Einmal, als ich die gleiche Strecke heimfuhr, gab mein Onkel dem Kondukteur fünf Franken, damit er mir beim Umsteigen in Zug half. Dort nahm mich der Kondi und trug mich und meinen Koffer wie ein Paket unter dem Arm in meinen Zug, es pressierte, weil er zurück musste in den Zug der Gotthardlinie.»


SCHULREISEN


Schulreisen waren Höhepunkte im Jahresablauf. Endlich durften die Kinder mal Schiff, Zug oder Postauto fahren. Meistens lag das Ziel in der Nähe, die St. Petersinsel, der Twannberg oder Magglingen.


«Ich habe gestaunt, wie sauber und schön unser Schiff war und wie gut alles funktionierte, ich kam nicht aus dem Staunen heraus, bis mich der Lehrer ermahnte, doch auch den See und die Landschaft anzuschauen.»


«Als Buben kletterten wir auf der Berna auf ein Geländer, bis uns der Kapitän entdeckte und schimpfte.»


«Herr Moll war ein Notar in Brügg, dessen Töchterchen ertrunken war. Er stiftete Geld, damit die Schulmädchen eine Reise machen konnten. Wir waren zwei Tage unterwegs auf dieser Moll-Reise, sahen die Dents du midi, wanderten und hatten es schön. Viele Mädchen durften jedes Jahr verreisen, bis alles Geld aufgebraucht war.»


«In der achten Klasse fuhren wir nach Lugano für drei Tage, besuchten den Monte Ceneri und Morcote. Wir gingen viel zu Fuss. Es war wunderbar.»



IN DIE LUFT


In den Dreissigerjahren schwebte ab und zu ein Zeppelin über dem Seeland. Das war ein Ereignis!


«Als ich merkte, dass ein Zeppelin in die Nähe kam, kletterte ich bei meiner Grossmutter in Büren auf das Brett vom WC, ein Holzbrett mit einem rund ausgesägten Loch darin. Das war der beste Platz für ein kleines Kind, um durch das Fenster in den Himmel zu schauen. Ich war ganz aufgeregt und wollte die Grossmutter rufen, damit sie das seltsame Ding auch sähe. Da fiel ich so unglücklich von diesem Brett in das eiserne Gegenstück der Türfalle (Klinke), dass ich am Boden liegen blieb. Ich hatte die Rippen gestaucht. Mir blieb grad der Schnauf weg. Diesen Zeppelin vergesse ich nie!»


Passagiere in den Zeppelinen wurden fürstlich bewirtet und mit Champagner verwöhnt. Eine solche Fahrt konnte sich kaum jemand leisten. Aber zuschauen, wie diese Zigarre sanft zu Boden ging und dann mit dicken Seilen festgehalten wurde und die Leute anstaunen, die daraus ausstiegen, das war gratis.
Während des Krieges gewöhnte man sich an Flugzeuge.


«In der Nacht kamen die Flugzeuge, wir hörten dieses brumm brumm brumm, von ferne, dann lauter und später wieder leiser, als sie wegflogen. Beim Rückflug machten sie weniger Lärm, weil sie ihre Bomben abgeworfen hatten und leichter waren.»


«Wenn wir die Flieger hörten, dachte ich immer, die werfen jetzt Bomben ab – die armen Menschen, die darunter leiden müssen!»


Erst nach dem Krieg kam die Privatfliegerei langsam auf, war aber teuer und umständlich.


«Mein Schwager flog für seine Firma nach Brasilien. Das kostete 6000 Franken und dauerte drei Tage, weil man damals nicht in der Nacht fliegen konnte und deshalb zwischenlandete. Am Abend hatten sie es dann jeweils lustig mit dem Piloten.»