SPIELEN

notiert Oktober 2023

 

In den Dreissiger- und Vierzigerjahren hatten Kinder wenig Spielsachen, dafür viel Platz zum Spielen. Vor dem Haus, im Tenn, in Gärten, im Wald und sogar auf der Strasse. Gefährlich war es kaum, da nur wenige Autos verkehrten. Oft fanden sich die Kinder in Gruppen zusammen. Irgendjemand wusste immer ein Spiel für alle. Auch in der Schule wurden Gruppenspiele gespielt, Singspiele, Völkerball, ‘Fangis’ und für die Buben Fussball.

 

«Am schönsten waren die Sonntagnachmittage. Da kamen aus allen Ecken Kinder zusammen und wir spielten draussen miteinander endlose Spiele. Im Winter schlittelten wir, gingen Schlittschuhfahren oder spielten im Schnee.»

 

ZEIT ZUM SPIELEN

«Nach dem Essen waren die Schulaufgaben an der Reihe, manchmal musste ich noch eine Weile stricken, aber nachher war Zeit zum Spielen.»

«Ein Spiel war jeweils eine gewisse Zeit Mode, dann kam ein anderes. Zum Beispiel spielten alle eine Zeitlang Yo-Yo.»

«Ich hatte keine Zeit zum Spielen, ich war der Älteste von 11 Kindern. Der Vater arbeitete als Melker bei einem Grossbauern, wir hatten ein Heimetli mit vier Kühen. Das bewirtschafteten meine Mutter und wir Kinder. Spielzeug hatten wir nicht, ausser einem Ball, aber damit spielten wir selten.»

«Wir mussten auch helfen daheim. Der Vater arbeitete im Strassenunterhalt, meine Mutter und wir Kinder besorgten den Bauernbetrieb. Manchmal spielten wir Verstecklis im Heu. Spielsachen hatten wir keine.»

«Als kleines Mädchen durfte ich einfach spielen. Mit zwölf Jahren hatte ich beide Eltern verloren. Bei unseren Pflegeeltern war mir die Lust am Spielen vergangen. Wir bekamen zu hören, dass wir drei Kinder viel Arbeit machten. Deshalb halfen wir viel mit, fast zu viel. Aber am Sonntagnachmittag konnten wir spielen.»

SPIELZEUG

Oft fehlte das Geld, um Spielzeug zu kaufen, das Angebot in ländlichen Gegenden war klein und Kinder hatten bescheiden zu sein. Sehr willkommen waren aber besser gestellte Verwandte, Nachbarn oder wohltätige Institutionen, die etwas schenkten, wovon man schon lange geträumt hatte. Ging ein Spielzeug in die Brüche, wurde es repariert.

PUPPEN

«Mein Bäbi hiess Theresli, es war ein Geschenk vom Gotti. Theresli war klein, es konnte die Augen auf- und zumachen, es trug ein Sommerröckli und ein Hütli. Einmal wollte ich Theresli das Gesicht waschen. Aber da wurde es ganz klebrig. Das machte mich traurig. Wir brachten Theresli zu einem Mann im Dorf, der ihm das Gesicht neu malte.»

«Wir waren sechs Kinder und hatten wenig Geld. Darum schenkte mir die Frau Pfarrer ein Bäbi.»

«Der Kopf meines Bäbis war aus Bakelit und auch die Schultern. Daran hing ein weicher Körper, welcher mit einer Schnur zum Zuziehen festgemacht war. Lotti, so hiess es, öffnete und schloss die Augen. Weil ich es immer herumtrug, wurde der Stoff dünn und riss an einem Bein auf. Ich weinte und hatte Angst, man könne Lotti nicht flicken. Doch mein Mueti nähte das Loch zusammen. Ich hatte auch noch Elseli, ein kleines Bakelitbäbi. Es war herzig, hatte ein schönes Gesicht und die Haare waren aus dem Bakelit geformt.»

«Der Hansli war ein ‘Buebebäbi’. Mein Mueti und ich strickten ihm Kleider, Trägerhösli und einen Pulli.»

«Als ich wegen der Tuberkulose zum Kuren im Sanatorium war, hatte ich ein dunkelhäutiges Bäbi bei mir. Das war mit Kapok gefüllt und ganz weich. Ein Bub im Nachbarbett nahm es und zerriss es.»

«Meine Schwester und ich strickten Bäbifinkli aus einem geraden Stück, das wir zusammennähten.»

«Mein Bäbi hatte bewegliche Arme und Beine. Wenn man ein bisschen daran zog, sah man die Gummibänder, welche die Gelenke beweglich machten.»

«Als bei meinem Hansli ein solches Gummiband riss, liessen wir es wieder flicken.»

«Ich hatte einen kleinen Korbwagen mit Rädern, darin lag ein Matratzli mit echtem blauen Matratzenstoff und mit Spreu gefüllt, ein Leintuch und ein blau/weiss kariertes Duvet mit Kissen.»

«Ich hatte ein Wägeli mit Verdeck zum hoch- und hinunterklappen.»

«Wir waren 14 Kinder und hatten kaum Geld. Ein reicher Onkel schenkte mir ein Bäbi mit einem Wägeli dazu. Das war der Himmel auf Erden. Ich musste es aber mit meiner Schwester teilen.»

«Ab und zu konnte ich mit meinen Brüdern bäbelen. Aber manchmal sagten sie auch ‘gang mit de Wiber go spiele’!»

«Wir bäbeleten fürs Leben gern. Ich wurde dann zu Hanni (der Namen meiner Mutter) und meine Schwester zu Dori (wie unsere Tante), wir sprachen baseldeutsch, was wir sonst nicht machten. Wir wohnten zwar im Baselland, sprachen aber thurgauerisch wie die Mutter. Wir spielten das Leben als Erwachsene, immer und immer wieder.»

 

DER BÄRI

«Wie die Puppe kam auch der Bäri von der Frau Pfarrer. Er war braun, ein richtiger Bäri halt.»

«Ich hatte einen alten ‘ruchen’ Bäri.»

«Mein Bäri war mit Holzwolle gefüllt. Hatte er ein Loch, sah man die Füllung.»

PUPPENSTUBEN

«Es gab damals Ausschneidebogen aus dünnem Karton. Damit bastelte ich mir eine ganze Puppenstube zusammen. Ausschneiden, falten, kleben. Das gab ganz herzige Möbeli für kleine Puppen.»

«Auch für Puppenkleider gab es Ausschneidebogen.»

«Ich hatte eine richtige Bäbistube mit Möbeln.»

«Weil wir keine Puppenstube hatten, nahmen wir die festen Spielkartons der Gesellschaftsspiele, stellten sie zu Hüsli auf und erfanden mit den Spielfiguren ganze Geschichten.»

«Von meinem Götti bekam ich ein Badezimmer aus Blech mit Badewanne, Lavabo und WC. Die Wanne stand vor einer Blechwand, dahinter konnte ich einen Behälter mit Wasser füllen und dann über der Wanne einen kleinen Hahn aufdrehen: Schon floss das Wasser in die Wanne! Ich hatte auch einen Sodbrunnen, den füllte ich mit Wasser und konnte es dann herauspumpen.»

«Bei meiner Cousine kochten wir auf einem kleinen Kochherdli mit Rechaudkerzen ein paar Hörnli. Die wurden besonders fein.»

«Die Mutter gab uns Haferflöckli, Haselnüsse, ein bisschen Kakao und Weinbeeren zum köcherlen.»

«Ein Onkel, der in der Langenthaler Porzellanfabrik, der Porzellani, arbeitete, brachte aussortiertes Puppengeschirr mit. Richtige kleine Tassli und Teller. Er baute sogar ein Schäftli aus Holz dafür.»

BAUEN

«In einer grossen Holzkiste hatten wir farbige Bauklötze in vielen Formen. Auch runde oder dreieckige oder Brücken. Damit konnten wir alles konstruieren, was wir wollten.»

«Mit Bauklötzen bauten wir einen Bauernhof mit Stall und Ausläufen und stellten unsere Holztierli hinein.»

«Wir machten ein Puzzle mit Holzwürfeln, die jeweils auf einer Seite ein grosses buntes Märchenbild aufgemalt hatten. Das ergab sechs verschiedene Bilder und war recht knifflig.»

«Mein Bruder bekam ein Meccano geschenkt. Damit konnte er alles Mögliche richtig zusammenschrauben, wieder lösen und neu bauen.»

«Wir hatten eine Holzeisenbahn zum Aufbauen. Richtige Eisenbahnen aus Metall waren für die Reichen.»

BLECHSPIELZEUG

«Ich liebte den ‘Kofferschieb’. Das war eine kleine Figur aus Blech, die einen Koffer stiess. Plötzlich sprang sie auf den Koffer, ritt kurz darauf und sprang wieder hinunter. Das Figürchen hatte irgendwie ‘schlabbrige’ Beine, so dass es aussah, als würde es damit gehen, unten dran waren aber Rädchen befestigt. Den Kofferschieb musste ich vorsichtig aufziehen, dann ging er los. Er war schon etwas ganz Besonderes.»

«Es gab auch Vögel aus Blech, die ein bisschen hüpften, wenn man sie aufgezogen hatte. Nur den Schlüssel durfte man nicht verlieren.»

«Ich hatte einen blechernen ‘Hurrlibueb’, einen Kreisel, den ich aufzog und der dann drehte.»

«Oder Frösche, die herumsprangen. Die zog man aber nicht auf, sondern drückte gegen ein Blechteil unter dem Frosch, dann hüpfte er.»

ZUSAMMEN SPIELEN AM TISCH

An Abenden, bei schlechtem Wetter oder auch am Sonntag wurden am Stubentisch Spiele gespielt. Längst nicht alle Familien hatten einen Radioapparat und es gab auch nur eine kleine Auswahl an Sendungen. Spielen war eine willkommene Unterhaltung neben Lesen, Kleider Flicken und Stricken.

Beliebte Spiele waren

Leiterlispiel

Gänsespiel

Hütchenspiel

Eile mit Weile

Domino

Mikado

Elfer raus

Flohspiel

Mühlespiel oder ‘Nünizieh’

«Beim Geografiespiel sagte ein Kind stumm das ABC auf, ein anderes rief stopp und das erste nannte den erreichten Buchstaben. Alle mussten jetzt in eine vorbereitete Tabelle einen Fluss, einen Berg, einen Ort und vielleicht noch etwas zum Essen mit diesem Buchstaben aufschreiben. Das ging so lange, bis ein Kind ‘fertig’ rief. Dann legten alle ab und bekamen Punkte für die richtigen Wörter.»

«Wir spielte Koffer packen. Dabei muss man sich immer mehr Dinge merken, die reihum in einen Koffer gepackt werden.»

«Wir liessen einander Dinge erraten.»

 «Jedes zeichnete oben auf einen Zettel einen Kopf, bog ihn herum, gab das Blatt dem nächsten Kind, dieses zeichnete einen Hals, bog ihn herum, gab das Blatt weiter… so entstanden lustige Figuren.»

«Wir machten das so: Das erste Kind sagte :’I go go ichoufe… e Tomate’. Dann zeichneten alle oben auf das Blatt einen Tomatenkopf und bogen ihn um. Dann kam das nächste Kind: ‘I go go ichoufe…es Stäckebrot’. Das ergab den Körper. Und so weiter. So entstanden lustige ‘Manöggel’.»

«Wir spielten ein Quartett mit Bildern der Schlachten der Schweiz, Schlacht von Murten, von Marignano usw.»

«Wir spielten mit einem Holzteller, welcher eingebohrte Löcher mit angeschriebenen Zahlen hatte, einen erhöhten Rand ringsum und innendran eine Rille in der Breite einer Marmel. Wir legten eine Marmel in die Mitte und liessen einen Kreisel, den ‘Zwirbel’, drehen. Das Ziel war, die Marmel in eines der Löcher rollen zu lassen, möglichst eines mit einer hohen Zahl. Dazu hielten wir den Teller mit beiden Händen und halfen der Marmel ein bisschen nach. Manchmal spickte sie heraus. Das Spiel gaben wir reihum weiter.»

«Mit der Märmelibahn aus Holz spielten wir immer wieder. Ich liebte das Geräusch, das die Marmeln machten. Manchmal gab es einen Stau. Vielleicht waren die Marmeln nicht alle genau gleich gross. Aber am Ende landeten sie alle auf dem Bodenbrett und es ging von Neuem los.»

«Wir machten ein ‘Surri’. Dazu zogen wir einen doppelten Faden durch die Löcher eines Knopfs und zogen das Ganze an den Enden des Fadens auseinander und zueinander, bis ein surrender Ton ertönte.»

«In einem dicken Karton hatte es Löcher mit Zahlen. Dazu gehörte eine Hand aus Karton, die man schräg auf den Tisch stellen konnte, weil sie am unteren Rand einen Wulst hatte. Auf die Hand kam ein ‘Hüetli’. Jetzt schlug man mit der eigenen Hand auf die Kartonhand, so dass das ‘Hüetli’ aufflog und wenn möglich in einem der Löcher landete, am besten in einem mit einer hohen Zahl. Schlug man aber zu fest oder irgendwie schräg, konnte es sein, dass einem das ‘Hüetli’ ins Gesicht flog.»

ABZÄHLREIME

Damit man wusste, wer ein Spiel beginnen durfte, zählte man ab. Schweizweit gab es einen Dauerbrenner:

«’Azelle, Bölle schelle, d Chatz goht uf Walliselle, chunnt si wieder hei, hett si müedi (oder chrummi) Bei.’ Dabei zeigte man ringsum auf ein Kind. Endete der Vers, durfte das zuletzt abgezählte Kind beginnen.»

DRAUSSEN SPIELEN

«Meine Tante verwöhnte mich, als mein Vater schwer krank war. Sie schenkte mir ein Dreiradvelo. Ich liebte die Geschwindigkeit, trat kräftig in die Pedale und liess sie dann unter mir frei drehen. Es ging mir nie zu schnell. Meine Schwester, die das Velöli mitbenützen durfte, hatte es lieber ruhiger.»

«Wir hatten ein Trottinett für sechs Kinder. Es war aus Blech. Zum Bremsen musste man auf einen Bügel über dem Hinterrad treten.»

«Das einfachste Spiel war Fangis, einander nachspringen und berühren. Das berührte Kind versuchte, ein nächstes zu berühren.»

«In Biel hiess das Jagis.»

«Beim Hochjagis konnte man sich retten, wenn man irgendwo in die Höhe sprang.»

«Farbige Bälle liebten wir, entweder aus Vollgummi oder mit Luft gefüllt. Vermutlich waren diese auch aus Gummi. Plastik gab es damals noch nicht.»

«Im Seilspringen waren wir gut. Wir beherrschten es vorwärts, rückwärts, seitwärts links und rechts und über Kreuz.»

«Zwei Kinder nahmen je ein Ende eines Wäscheseils und drehten es gleichmässig in grossem Bogen. Wir anderen stellten uns in eine Reihe, sprangen einzeln oder auch zu zweit hinein und versuchten, möglichst lange drinzubleiben, ohne uns im Seil zu verheddern.»

«Böckligumpe hatten wir gern. Wir standen hintereinander, beugten unsere Rücken, drückten die Hände auf die Oberschenkel und jeweils ein Kind sprang nacheinander über die anderen indem es sich mit den Händen auf den gebeugten Rücken abstützte und die Beine weit spreizte.»

«’Märmelen’ war ein beliebtes Spiel. Wir ‘tütschten’ einander, zielten in ein Loch oder liessen die Marmeln in einem Sandhaufen über eine Bahn rollen.»

«Schöne Marmeln tauschten wir untereinander aus.»

«Mit dem Kreisel spielten wir auch gern.»

«Wir ‘telefonierten’ mit zwei Büchsen, die mit einer Schnur verbunden waren und die wir uns ans Ohr hielten.»

«Kein Spielzeug war das Leiterwägeli. Wir brauchten es, um Tannzapfen zum Anfeuern im Wald zu sammeln. Aber manchmal spielten wir trotzdem Rösslikutsche damit. Eines, das Rössli, musste ziehen, die andern durften mitfahren, nach einer Weile wechselten wir.»

«Verstecklis war immer schön. Musste man ‘iluege’, spitzte man die Ohren, damit man hörte, wohin die Kinder verschwanden. Und dann galt es abzuwägen, wie weit man sich entfernen sollte, um die Kinder zu suchen. Und umgekehrt war es spannend, sich zu verstecken und abzuwarten, ob man hervorspringen sollte, um sich ‘anzuschlagen’ oder lieber im Versteck bleiben sollte.»

«Beim Stöckle stellte man Pflöcke auf, die es mit einem Holzstück umzuwerfen galt. Der Pflock in der Mitte war der König. Stand er am Schluss noch, musste man sich umdrehen und das Holz zwischen den Beinen hindurch werfen, um ihn auch zu Fall zu bringen.»

«Beim Platzgere warfen wir kleine Metallplatten so nah wie möglich an einen eingesteckten Stock. Die Platten waren viereckig und hatten Zacken an den Ecken. Damit blieben sie im Boden stecken.»

«Manchmal gabs einen kaputten Veloreifen zum Spielen. Den legten wir auf den Boden und zielten mit Steinen hinein.»

«Wir stiessen Stecken in den Boden und stülpten ein rundes ‘Hüetli’ darüber, das mit einer Zahl angeschrieben war. Es sah eigentlich aus wie ein Pilz, mit dem unteren Teil sass es fest auf dem Stecken. Dann warfen wir aus einer Entfernung Bambusringe über die Stecken, am liebsten bei den hohen Zahlen. Die wurden dann zusammengezählt.»

«Beim Halli Hallo warf ein Kind einem andern einen Ball zu und rief einen Anfangsbuchstaben und zum Beispiel ‘Blume’. Dieses Kind musste den Ball fangen und zum Beispiel ‘Aster’ sagen und den Ball dem ersten zurückwerfen.  Das erste Kind rief Halli Hallo, warf den Ball hoch in die Luft und das zweite Kind musste ihn fangen, stopp rufen und durfte drei Schritte in Richtung auf das werfende Kind zu machen. Dieses bildete mit den Armen einen Kreis vor dem Oberkörper und das andere versuchte, den Ball hineinzuwerfen. Gelang ihm das, durfte es mit dem Spiel weiterfahren.»

«Bei Uri Schwyz Unterwalden warf ein Kind einen Ball auf und rief Uri Schwyz Unterwalden. Ein anderes fing den Ball, machte drei Schritte und durfte ein beliebiges Kind mit dem Ball treffen. Dieses fuhr mit dem Spiel weiter.»

«Beim ‘Naselumpe lege’ standen oder sassen alle im Kreis, eines ging aussen herum und liess ein Taschentuch fallen. Dann begann es schnell ringsum zu laufen. Dasjenige Kind, hinter welchem das Taschentuch lag, musste ihm nachlaufen und es zu fangen versuchen. Meist übernahm aber das erste Kind den freien Platz des zweiten und dieses ging mit dem Taschentuch ringsum.»

«Wir nannten das Spiel ‘Fuul Ei’. Wenn ein Kind gar nicht merkte, dass ein Taschentuch hinter ihm lag, war es eben das faule Ei.»

«Wir zeichneten mit einem Stein Felder übereinander auf den Boden und spielten Hüpfspiele. Man musste auf einem Bein stehen, von Feld zu Feld hüpfen und dabei mit dem Fuss einen Stein weiterstossen.»

«Oder Himmel und Hölle. Da waren immer zwei Felder, dann eines, dann zwei, zuunterst die Hölle und oben der Himmel. Der Weg ging von der Hölle in den Himmel. Man sprang immer mit beiden Füssen in ein Feld, dann mit je einem Bein in die zwei darüber, wieder in eins und so weiter und durfte nie eine Linie berühren. Sonst schied man aus.»

«Wir hatten ein Krocket-Spiel. Da bugsierte man mit hölzernen Schlägern hölzerne Kugeln durch Drahtbögen, die im Boden festgesteckt waren. Die Kugeln hatten verschiedene Werte.»

«Wir spielten ‘Zehnerle’ mit einem Ball. Dabei machte man von 1 bis 10 ganz bestimmte Übungen mit dem Ball, also etwa Aufwerfen, sich Drehen und Fangen, immer in der gleichen Reihenfolge.»

«Wir bildeten eine Kette, das letzte Kind musste etwas darstellen, einen doppelten Begriff, welchen wir vorher abgesprochen hatten und die Zuschauer mussten ihn erraten. Also zum Beispiel ass die letzte einen Cervelat – die Lösung hiess dann ‘die letzte frisst’ oder eben ‘die letzte Frist’.»

SINGEN UND SPIELEN

Singspiele gab es viele. Sie folgten einem genauen Ablauf und wurden endlos wiederholt.

«Wir sassen in einer Reihe und hielten die zusammengelegten Hände vor uns. Ein Kind ging langsam vorbei, hielt einen Stein in seinen zusammen gelegten Händen und berührte damit die Hände jedes sitzenden Kindes. Irgendwo liess es den Stein in ein Händepaar gleiten. Wer nun erraten konnte, wo der Stein war, durfte ihn nehmen und wieder mit dem Spiel beginnen. Dazu sangen wir ‘Taler, Taler, du musst wandern, von der einen Stadt zur andern, Taler hin, Taler her, ringsherum, das ist nicht schwer’. Oder ‘Taler hin, Taler her, Taler ist ein Zottelbär’.»

«Wir sangen und spielten ‘Quand trois poules vont au champ, la derrière va devant.’»

 

Wanderlieder

« Damit wir nicht müde wurden beim Wandern, sangen wir 99, 98 , 97…. Bis wir bei 1 waren, dann fing es wieder vorne an.»

«Oder ‘un kilomètre à pied ça use, ça use, un kilomètre à pied ça use les souliers.’ Und dann weiter mit ‘deux kilomètres à pied’….. und so weiter.»

«Oder ‘Lustig durch die Welt ziehen wir in Scharen, links, rechts, links, rechts…’»

«Oder ‘Das Wandern ist des Müllers Lust’.»

Eher fröhliche Lieder

Dört äne am Bärgli, auch mit dem Text ‘Hinderem Hus und vorem Hus da steit e Soldat, dä putzt sini Stifel mit Gurkesalat.’

Wenn eine tannigi Hose het

Mir Senne heis lustig

I Mueters Stübeli do geit der hm hm hm

Là-haut sur la montagne

Le vigneron

Das Walliserlied

Und eher traurige Lieder

Ds Guggerzytli (Gang i zum Grosi über Land)

Mis Mueti het mer gschribe, chumm wieder einisch hei

En arme Hirtechnab

Ich hatt’ einen Kameraden

Ein überall bekanntes Lied der Nachkriegsgeneration war:

«Der Hitler kam geflogen auf einem Fass Benzin

Da meinten die Franzosen, es sei ein Zeppelin

Sie holten die Kanonen und schossen auf ihn los

Und schossen dem Herrn Hitler die Unterhosen los

Sie nahmen ihn gefangen bei Wasser und bei Brot

Nach 21 Stunden da war der Hitler tot

Sie liessen ihn begraben und schrieben auf den Stein

Hier liegt in Teufels Namen ein halb verrecktes Schwein.»

 

STREICHE

Verwandt mit Spielen sind Streiche. Ein Wagnis für Kinder der Dreissiger und Vierziger, denn sie hatten immer anständig zu sein.

«Wir banden eine dünne Schnur an ein Portemonnaie, legten es auf die Strasse und versteckten uns. Wenn dann jemand nach dem Portemonnaie griff, zogen wir es blitzschnell zurück und lachten. Wenn uns aber unser ‘Opfer’ kannte, konnte es sein, dass wir den Eltern verraten wurden. Auch wenn wir nicht grüssten im Dorf.»

«Wir sammelten ‘Rossbolle’ mit Leiterwagen und Karrette und bekamen 20 Rappen, wenn wir genug heimbrachten für den Garten. Mein Bruder stellte seine Karrette beim Reitstall neben ein Pferd und flehte es an ‘bitte, scheiss jetzt’…. Bis das liebe Tier das tat und wir mit einer frischen Ladung heimgehen konnten.»

«Wir sassen in den Kirchenbänken in der Kinderlehre. Ich hielt meine Hand vor den Mund und sagte mit gepresster Stimme einen Satz aus einem Gotthelf-Film, den wir alle gesehen hatte. ‘Eisi, der Herr Pfarrer het mir ei Franke gä’. Die Mädchen um mich herum kicherten los und wurden vom Kirchenjäger (dem Sigristen) hinausgejagt. Ich machte das nur bei demjenigen, den wir nicht gernhatten.»

«In der Nähschule machten wir zusammen ab, Stecknadeln so zwischen Holz und Metall der aufgeklappten Pultdeckel zu stecken, dass man damit Töne machen konnte. Eines zog ein bisschen an seiner Stecknadel, der Ton erklang und die Lehrerin schimpfte, da machte es hinter ihr wieder ‘pling’ und so weiter.»

«Wir rissen kleine Stücke vom Fliessblatt ab, knüllten es zusammen, benetzten es und spickten es mit dem Lineal an die Decke. Dort blieb es eine Weile kleben.»

«Wir waren drei Geschwister. Manchmal stellten wir einander einen Besen so vor die Zimmertüre, dass er dem öffnenden Kind auf den Kopf fallen musste. Mit der Zeit wurden wir vorsichtig beim Öffnen!»

«Wir machten einander ‘croche-pieds’ (‘Höggli stelle’)»

«Wenn wir einander den Stuhl wegzogen, wurde geschimpft. Wohl auch zurecht, das konnte gefährlich sein.»